Nachdem eine Beziehung in die Brüche gegangen ist, scheint es oft so, als seien die Phasen der Trennung bei Männern andere als die Phasen der Trennung bei Frauen. Auf den zweiten Blick zeigt sich allerdings, dass sich beide sehr ähneln. Nur die Schwerpunkte beim Durchleben der Phasen und ihre Dauer unterscheiden sich meistens.
Zur Erinnerung: Das sind die Phasen der Trennung
In einem anderen Beitrag haben wir die Phasen der Trennung genau betrachtet. Kurz gesagt handelt es sich um folgende Abschnitte:
- Schock
- Verleugnung
- Wut
- Kampf
- Trauer
- Akzeptanz
- Neuorientierung
Im Schock und im Verleugnen unterscheiden sich Männer und Frauen nicht: Wer gerade von seiner Partnerin oder seinem Partner verlassen wurde, befindet sich in einem schockartigen Zustand und verleugnet die Tatsache erst einmal: Das kann nicht sein, ist nicht ernst gemeint, geht vorüber! Dann allerdings folgt im Verhalten in vielen Fällen schon der erste Unterschied.
Info: Das Folgende sind Punkte, die auf viele Männer zutreffen. Beim Individuum kann das jeweils völlig anders aussehen!
Wut und Ablenkung
Männer haben oft noch im Hinterkopf, dass Trauer und Liebeskummer mit Schwäche verbunden sind, und Schwäche möchten sich die meisten nicht erlauben. Stattdessen flüchten sie sich in Wut – Wut auf die einstige Liebe oder Wut auf eine dritte Person, die bei der Trennung eine Rolle gespielt haben könnte.
Gleichzeitig greift ein Mechanismus, der die Trauer und die Verzweiflung fernhalten soll: Aufmerksamkeit und Erfolgserlebnisse werden genutzt, um darüber hinwegzutäuschen, dass die Trennung Schmerz ausgelöst hat. Längst nicht alle, aber doch ein signifikanter Teil der Männer suchen nach einer Trennung nach schnellen One-Night-Stands und schlagen sich dafür die Nächte um die Ohren. Männer neigen außerdem stärker als Frauen zu Rebound-Beziehungen, die allerdings auch häufig nur ein Verdrängungsmechanismus sind.
Es muss aber nicht immer Sex sein: Manche Männer stürzen sich in die Arbeit, andere fangen ein adrenalingetriebenes und zeitintensives Hobby (z.b. Fitness) an oder setzen alles an ihre (physische) Selbstoptimierung. All diesen Dingen ist gemein, dass sie viel Zeit und Aufmerksamkeit benötigen und so gute Ablenkungen sind.
Die Trauer kommt in Wellen
So sehr Männer sich abzulenken versuchen und sich einreden, dass alles gut ist: Die Trauer lässt sich nicht betrügen. Der Trennungsschmerz kommt in ruhigen Momenten – immer dann, wenn der Getrennte allein ist und seine Gedanken auf nichts anderes richten kann. Viele gerade jüngere Männer haben bereits gelernt, damit umzugehen. Sie haben oft ein soziales Netz, in dem sie trauern dürfen und in dem man ihnen Verständnis entgegenbringt. In Kreisen allerdings, in denen das offene Sprechen über Gefühle als „unmännlich“ betrachtet wird, ist es schwierig, der Trauer Ausdruck zu verleihen.
Eine Studie der Lancaster University hat ergeben, dass Männer nach einer Trennung durchaus nicht weniger trauern als Frauen: Es wurden die Daten von knapp 200.000 Männern und Frauen ausgewertet, die sich anonym in einem Forum über Beziehungsprobleme ausgetauscht haben. Dabei zeigte sich zum Erstaunen der Forschenden, dass Männer häufiger und intensiver über Liebeskummer sprachen als Frauen, unter der Verwendung von Begriffen wie Reue, Weinen, Schmerz oder „gebrochenes Herz“.
Die Psychologin Charlotte Entwistle, die die Studie mit durchgeführt hat, sagt dazu: „Vor allem die Tatsache, dass das Thema Liebeskummer häufiger von Männern diskutiert wurde, unterstreicht, dass Männer von Beziehungsproblemen emotional mindestens genauso betroffen sind wie Frauen.“
Der späte Kampf
Da Männer mehr als Frauen zum Verdrängen von Trauer und Schmerz neigen, benötigen sie zum Verarbeiten der Gefühle oft deutlich länger. Das kann dazu führen, dass sie zu anderen Zeitpunkten als ihre Ex-Partnerinnen bestimmte Phasen der Trauer erreichen. So kann es vorkommen, dass ein Mann entscheidet, dass er um seine Liebe kämpfen muss – zu einem Zeitpunkt, an dem seine ehemalige Partnerin längst in der Phase der Akzeptanz angekommen ist und sich über die plötzliche Aktivität nur wundern kann.
Akzeptanz und Neuanfang erfolgen später
Durch das Wegschieben der unangenehmen Gefühle und teilweise auch durch die Erwartungen des Umfeldes dauert es bei Männern häufig länger als bei Frauen, bis sie eine Trennung verkraftet haben. Das bedeutet nicht, dass die Intensität sich stark unterscheidet: Frauen leiden früh und intensiv, haben aber oft andere Umgehensweisen mit derartigen Situationen. So durchlaufen sie den Prozess meistens schneller als Männer, die sich teilweise dagegen sperren.
Achtung: Auch hier gilt, dass es im individuellen Fall völlig anders aussehen kann! Männer und Frauen können eine Trennung so schwernehmen, dass sie das Stadium der Akzeptanz nicht erreichen und stattdessen in eine Depression rutschen. In einem solchen Fall ist professionelle Hilfe dringend angeraten!