Eure Beziehung läuft gut, dachtest du, und dann zieht er sich plötzlich zurück. Das ist nie ein schönes Gefühl, muss allerdings auch nicht unbedingt auf mangelndes Interesse seinerseits deuten. Die Gründe für einen Rückzug können ganz verschieden sein – manche haben mit dir zu tun, andere nicht.
Mögliche Gründe für seinen Rückzug
Wenn ein Mann sich immer mehr zurückzieht, kann das je nach Phase eurer Beziehung unterschiedliche Gründe haben. In diesem Beitrag geht es explizit um den Rückzug in der Beziehung – über Gründe, weshalb er sich vielleicht während des Kennenlernens nicht mehr meldet, und Anzeichen dafür, dass er kein Interesse an dir hat, haben wir eigene Beiträge verfasst.
Eine Entscheidung steht an
Ihr befindet euch am Ende der Kennenlernphase. Du bist Hals über Kopf verliebt und hattest eigentlich gedacht, dass es ihm ebenso geht. Das ist tatsächlich durchaus möglich: Er spürt, dass das mit euch etwas Ernstes sein könnte. Das erfüllt ihn teilweise mit Freude und teilweise mit Furcht. Ist er wirklich bereit für eine Beziehung? Hat er bislang nicht gelernt, über seine Gefühle zu sprechen, kann es sein, dass er sich nun ein bisschen zurückzieht, um sich darüber klar zu werden, was er möchte.
Tipp: Vor allem Männer mit Bindungsangst tun sich mit dieser Entscheidung sehr schwer – sie belassen es manchmal einfach auch beim Verstummen, wenn die Angst vor der Aufgabe ihrer Autonomie oder vor einer Verletzung zu groß ist.
Nach der rosaroten Brille
Ihr habt so ungefähr das erste Jahr eurer Beziehung im Überschwang miteinander verbracht, habt euch zu jeder Jahreszeit noch einmal neu verliebt und habt viel eurer Zeit nur für die andere Person reserviert. Plötzlich ist er aber wieder oft anderweitig verabredet, trifft sich vermehrt mit alten Freunden und investiert mehr Zeit als zuvor in seine Hobbys. Dafür trifft er sich weniger häufig mit dir.
Das ist relativ normal für diese Phase der Beziehung. Nachdem die erste überschwängliche Verliebtheit abgeklungen ist, erinnern sich viele Menschen daran, dass sie ja eigentlich eigenständige Persönlichkeiten sind – mit eigenem Sozialleben und eigenen Hobbys. Gewissensbisse kommen auf: Habe ich meinen Freundeskreis vernachlässigt?
Viele Männer müssen sich in dieser Phase noch einmal vergewissern, dass sie sich in der monogamen Beziehung nicht verloren haben. Im Normalfall pendelt sich die zeitliche Verteilung so ein, dass für die Beziehung, das soziale Umfeld und die Hobbys Kapazitäten da sind.
Wegen der Nähe-Distanz-Problematik
Manche Paare passen hinsichtlich ihres Nähebedürfnisses nicht besonders gut zusammen: Während eine Person die physische und psychische Nähe der anderen sucht, fühlt diese sich rasch eingeengt. Sie schafft sich immer wieder Freiraum und behält Dinge gern für sich – nicht um unbedingt Geheimnisse vor der Partnerin oder dem Partner zu haben, sondern um ein Stück Selbst für sich zu behalten.
Dieses Problem kann für die Beziehung existenziell werden: Zwar könnt ihr beide wissen, wie es um euch steht, aber das ändert nichts an euren Bedürfnissen. Wenn du seine Nähe brauchst, während er sich distanziert, dann kannst du vom Verstand her vielleicht begreifen, dass er dich nicht als Person ablehnt. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass dich die Distanz nicht verletzt.
Tipp: Gerät eure Beziehung deshalb in Gefahr, kann unter Umständen eine Paartherapie helfen. Es wird aber immer viel Arbeit sein, ausgewogene Verhältnisse zu schaffen.
Nach einem Streit
Wenn ihr gestritten habt, ist es vielleicht besser, wenn ihr euch beide ein bisschen Zeit lasst, um euch abzuregen. Dann könnt ihr überlegen, ob am Standpunkt eures Gegenübers vielleicht doch auch etwas Wahres war oder ob ihr unfair geworden seid. Ist es allerdings normal, dass dein Partner sich nach einer Auseinandersetzung immer zurückzieht und du jedes Mal bei ihm ankommen, ein Friedensangebot machen oder sogar deine Aussagen zurückziehen musst, damit ihr euch wieder vertragt, ist das ein ungesundes Ungleichgewicht – achte mal darauf!
Zu Manipulationszwecken
Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeit sind gut darin, ihre Partnerinnen und Partner von Anfang an einzuwickeln. Mittels Love Bombing machen sie sie emotional abhängig, und dann beginnt das Manipulieren: Sobald die andere Person etwas tut, was ihnen nicht gefällt, reagieren sie mit Liebesentzug, Ignorieren, Kälte oder sogar Beleidigungen.
Tipp: Vermutest du, dass er sich zurückzieht, um dich zu bestrafen, solltest du mit Vertrauten darüber sprechen – die Wahrscheinlichkeit, dass deine Beziehung toxisch ist oder wird, ist relativ hoch. In diesem Fall solltest du über eine Trennung nachdenken!
Weil es ihm schlecht geht
Stress bei der Arbeit, Konflikte im Freundeskreis oder der Familie, Trauer – es gibt viele negative Gefühle, die uns beeinflussen können. Viele Männer sind es gewohnt, unangenehme Gefühle mit sich selbst auszumachen. Gerade ihrer Partnerin gegenüber gestehen sie ungern eine „Schwäche“ ein (Trauer, Sorgen und Stress sind natürlich keine Schwächen, werden aber von manchen Männern als solche empfunden).
Weil seine Gefühle abgekühlt sind
Auch das ist eine traurige Möglichkeit: Vielleicht habt ihr euch im Alltag immer weiter voneinander entfernt – unmerklich sind die romantischen Momente verschwunden und die Libido ist auch nicht mehr, was sie mal war. Eure Weiterentwicklung ist nicht parallel verlaufen, sondern voneinander weg (das kommt nicht nur in Beziehungen vor, sondern kann auch einer der Gründe sein, weshalb sich deine Affäre nicht mehr bei dir meldet).
Vielleicht hat er sich irgendwann daran erinnert, wie locker und vertraut ihr am Anfang eurer Beziehung wart, und fragt sich nun, wo dieses Gefühl hin ist. Statt mit dir darüber zu sprechen und möglicherweise Konflikte heraufzubeschwören, zieht er sich immer mehr zurück.
Er zieht sich zurück – so kannst du reagieren
Zunächst einmal solltest du überprüfen, ob du mit deinem Eindruck der Distanzierung richtig liegst. In der Frühphase eurer Beziehung wird dir der Unterschied wahrscheinlich sehr stark auffallen, später solltest du vermehrt darauf achten, ob er dich öfter abweist.
Grundsätzlich lässt du ihm am besten erst einmal etwas Zeit. In vielen Fällen löst sich das Problem von allein, etwa, wenn eine stressige Phase bei der Arbeit endet. Fällt dir deine distanzierte Art allerdings schon länger auf und leidest du darunter, solltest du ihn darauf hinweisen, dass du seinen Rückzug bemerkst. Wichtig ist, dass du diese Beobachtung nicht als Vorwurf formulierst, sondern als Beschreibung. Du kannst ihm sagen, dass du merkst, dass er sich mehr und mehr von dir zurückzieht. Und du kannst ihn fragen, ob er dir erzählen möchte, was los ist.
Diese Frage ist nicht übergriffig: Er ist dein Partner und es ist normal, dass du dir um ihn und um eure Beziehung Gedanken machst. Vielleicht erzählt er dir die Gründe, vielleicht schiebt er nur vage Stress vor und gelobt Besserung. Du kannst ihm dann etwas Zeit lassen, aber wenn keine Veränderung eintritt, sprich ihn noch einmal darauf an: Du kannst schließlich nichts tun, wenn er dich ausschließt.
Tipp: Hat seine Distanzierung dazu geführt, dass eure Beziehung brüchig geworden ist, müsst ihr beide daran arbeiten, sie wieder zu reparieren. Diese Schieflage wieder zu kitten, schafft nicht eine Person allein.