Keine Beziehung besteht nur aus Flitterwochen: Wir gewöhnen uns aneinander, einige Dinge gehen uns ein bisschen auf die Nerven, der Alltag ist stressig. Die Kommunikation tritt umso mehr in den Hintergrund, je sicherer wir uns der anderen Person sind. Streitigkeiten werden häufiger, echter Austausch seltener. Und unmerklich steckt ihr mitten in einer ernsthaften Krise. Könnt ihr eure Beziehung bzw. eure Ehe retten?
Gemeinsam glücklicher
Daran merkt ihr, dass eure Beziehung gefährdet ist
Es gibt eine Reihe von Punkten, die ihr als Warnsignale sehen solltet:
- Mindestens eine Partei reagiert schnell genervt von der anderen, schneidet ihr regelmäßig das Wort ab, will in Ruhe gelassen werden.
- Das Liebesleben liegt brach, mindestens eine der beiden Parteien leidet unter Libidoverlust.
- Ihr tauscht im Alltag keine Zärtlichkeiten mehr aus.
- Ihr habt sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft – etwa einen einseitigen Kinderwunsch.
- Ihr streitet sehr viel.
- Eine Partei wünscht sich mehr Nähe, die andere mehr Distanz.
- Es gibt sehr viel Stress von außen, sei es auf der Arbeit oder in der Familie. Die betroffene Person hat keine Kapazitäten, sich um die Bedürfnisse und Wünsche der Partnerin oder des Partners zu kümmern.
- Ihr hört einander kaum aktiv zu und gebt auch weniger von dem preis, was in euren Köpfen vor sich geht.
- Das Vertrauen ist weg, nachdem eine oder beide Parteien Grenzen überschritten oder gelogen haben oder es zu Untreue gekommen ist.
- Eure Beziehung ist durch Machtspiele geprägt, entweder von einer oder von beiden Seiten.
- Es gibt Gewalt in eurer Beziehung.
In vielen längeren Beziehungen gibt es das Problem, dass sich beide Parteien nicht mehr so aufmerksam und liebevoll wahrnehmen wie am Anfang. Unter dieser Alltagsdistanz kann viel vom Beziehungsfundament wegbröckeln. Die meisten Menschen würden in dieser Situation aber bejahen, dass sie ihre Partnerin oder ihren Partner noch lieben und sich nach besseren Zeiten zurücksehnen.
Tipps, wie ihr die Beziehung retten könnt
Je nachdem, aus welchen Gründen eure Beziehung bzw. eure Ehe vor dem Aus steht, können verschiedene Punkte zu einer erneuten Annäherung beitragen. Am größten sind eure Chancen, wenn beide Beteiligten sich einig sind, dass sie es versuchen möchten. Schafft ihr es, das Steuer herumzureißen, könnt ihr sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Druck nehmen durch andere Gewichtung
Ist für euch beide die Beziehung die einzige Glücksquelle im Leben, setzt ihr euch enorm unter Druck. Vor allem, wenn es dann einmal kriselt, stellt ihr gleich alles infrage. Daher solltet ihr darauf achten, dass ihr beide Freiräume und Zeit für euch bekommt – für Hobbys, Freunde oder zum Ausgehen. Das entlastet eure Liebe.
Auf das Gute besinnen
Warum seid ihr damals zusammengekommen und was habt ihr aneinander toll gefunden? Setzt euch einmal zusammen und denkt an die intensive Anfangsphase eurer Beziehung. Schreibt alle positiven Punkte auf, die euch einfallen. Dabei wird euch selbst noch einmal klar, was ihr an der anderen Person habt – und auch, wie schön ihr in ihren Augen seid.
Tipp: Hört mit dieser Annäherung nicht auf – versucht, im Alltag achtsamer zu sein, bedankt euch häufiger und macht euch ab und zu ein Kompliment.
Berührt euch
Es kann leicht vorkommen, dass im Beziehungsalltag zärtliche Berührungen immer weniger werden, ebenso, wie das Liebesleben einschlafen kann. Hier könnt ihr aktiv gegensteuern, auch wenn es manchmal etwas Überwindung kostet: Nehmt euch beim Spazierengehen an die Hand oder hakt euch ein, gebt euch im Vorbeigehen einen Kuss oder streichelt euch kurz, nehmt euch hin und wieder fest in den Arm. Je mehr ihr diese kleinen Zärtlichkeiten wieder in den Alltag integriert, desto mehr Lust bekommt ihr auch auf größere Zärtlichkeiten.
Etabliert gemeinsame Rituale
Ihr müsst nicht immer alles gemeinsam machen, aber einige verbindende Aktivitäten braucht ihr schon. Führt sie regelmäßig durch – etwa einmal die Woche oder einmal im Monat, je nachdem. Möglichkeiten wären zum Beispiel:
- ein ausgedehntes Frühstück am Sonntagmorgen – ohne Handys, Zeitung oder Fernsehen, aber mit Zeit zum Unterhalten
- Kino- oder Theaterbesuche
- Essen gehen
- ausgedehnte Spaziergänge
- gemeinsames Training
- Fahrradtouren
- Saunabesuche
Manche Paare finden es auch hilfreich, sich für Sex zu verabreden – gerade die Regelmäßigkeit führt oft dazu, dass eine Flaute im Bett wieder vorbeigeht.
Kleine Aufmerksamkeiten
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, heißt es. Kleine Geschenke helfen auch durchaus dabei, die Liebe zu erhalten. Es können viele kleine Aufmerksamkeiten sein, die der anderen Person zeigen: Hier schau, ich habe an dich gedacht und ich möchte dir eine Freude machen. Das kann etwas sein, das du der anderen Person vom Einkaufen mitbringst, eine schöne Muschel vom Strand, eine Postkarte mit einem lieben Gruß, ihr oder sein Lieblingsessen, das du kochst. Du weißt, was deine Partnerin oder dein Partner mag – werde einfach kreativ.
Konstruktiv streiten
Wenn du Vorwürfe mit Gleichmut hinnehmen kannst, bist du ein besonderer Mensch. Die meisten von uns reagieren entweder mit Wut und Gegenvorwürfen oder mit Verzweiflung und Verletztheit. Vorwürfe sind manchmal naheliegend und immer kontraproduktiv.
Manchmal kommt es zu Streit, das ist normal. Allerdings solltet ihr beide versuchen, bei euch selbst zu bleiben. Vorwurfsvolle Sätze, die mit „du hast aber…“ anfangen oder die Wörter „immer“ bzw. „nie“ enthalten, streicht besser gänzlich. Sie führen nicht zu befriedigenden Ergebnissen.
Erklärt lieber, weshalb ihr mit einer Reaktion oder Situation nicht einverstanden wart. Ihr könnt sagen, wie es euch deshalb geht, und aufzeigen, was für euch eine angenehmere Lösung wäre. So ist es viel einfacher, einen gemeinsamen Nenner zu finden.
Kompromisse sollten ausgeglichen sein
In einer langen Beziehung werdet ihr immer wieder Kompromisse machen müssen. Achte darauf, dass es nicht immer nur eine Seite ist, die zurücksteckt: Es sollte einigermaßen ausgeglichen sein, dass beide ab und zu ihren Willen bekommen. Andernfalls entsteht ein ungesundes Ungleichgewicht in eurer Partnerschaft; eine Seite dominiert.
Holt euch Hilfe
Gerade wenn ihr schon lange stumm nebeneinander her gelebt habt oder wenn ein starker Vertrauensbruch die Basis eurer Beziehung erschüttert, schafft ihr es vielleicht nicht alleine, eure Beziehung zu retten. In diesem Fall könnt ihr eine Paartherapie machen oder eine Paarberatung in Anspruch nehmen. Der unaufgeregte Blick von außen hilft oft sehr weiter, und die Expertinnen und Experten können euch hilfreiche Strategien an die Hand geben, mit denen ihr wieder zusammenfinden könnt.
Paartherapeut Eric Hegmann sagt dazu: „Wir wollen keine Menschen im klassischen Sinne therapieren, sondern ihnen dabei helfen, zerstörerischen Mustern ihre Macht zu nehmen. Ich finde, der Begriff der Paarberatung passt besser.“
Kann ich die Beziehung retten, wenn der Partner nicht mehr will?
Nur selten ist eine Trennung wirklich einvernehmlich: Meist geht sie von einer Person aus, und meist leidet auch eine Seite mehr als die andere darunter. Zeigt deine Partnerin oder dein Partner kein Interesse daran, noch um eure Beziehung zu kämpfen, kannst du sie oder ihn nicht zwingen.
Allerdings musst du auch nicht sofort die Flinte ins Korn werfen. Du kannst anfangen, die oben genannten Tipps selbst umzusetzen: Achtsamer und aufmerksamer sein, zugewandter, netter und zärtlicher. In vielen Fällen zieht die andere Person mit – einfach, weil das eine normale Reaktion auf liebevolles Verhalten und Freundlichkeit ist.
Bekommst du kein positives Feedback und reagiert die andere Person weiterhin abweisend, gleichgültig oder verletzend, solltest du deine Bemühungen allerdings einstellen. Es bringt nichts, wenn du dich komplett aufreibst und dafür nichts zurückbekommst. Nimm dir Zeit für Trennungsschmerz und Heilung und dann schau, ob sich nicht vielleicht jemand findet, der deine liebevolle Zugewandtheit zu schätzen weiß.
Diese Beziehung kannst du nicht retten
Manche Beziehungen werden weder von Streit noch von Misstrauen oder von Gleichgültigkeit bedroht, dennoch sind sie manchmal zum Scheitern verurteilt: Immer dann nämlich, wenn ihr so unterschiedliche Lebenspläne habt, dass keine Einigung möglich ist. Ein klassisches Beispiel ist der nur bei einer Person vorhandene Kinderwunsch. Verzichtet jemand für die Partnerin oder den Partner auf etwas immens Wichtiges, kann das die Beziehung für beide ins Unglück führen: Wann immer es kriselt, tritt die Erinnerung an den Verzicht wieder hervor. Die Frage, ob die Beziehung diese Entsagung Wert war, steht allzu schnell im Raum. Manchmal ist hier eine Trennung trotz Liebe für beide das Beste.
Diese Beziehungen solltest du nicht retten
In toxischen Beziehungen leidet eine Person unter der anderen: Gaslighting, Demütigung, Kleinmachen, Beleidigungen, Sticheleien, Kontrolle und Beschimpfungen wechseln einander ab mit überzogenen Liebesschwüren und -beweisen. Das macht dich als Partnerin oder Partner psychisch kaputt. Hier ist es schon aus Selbstschutz wichtig, dass du gehst.
Gleiches gilt für Beziehungen, in denen eine Person physische Gewalt ausübt. Es war im Affekt, ich wurde provoziert, es wird nicht wieder passieren – das alles sind bekannte Aussagen, von denen du kein Wort glauben solltest. Wer sich einmal zu Gewalt hinreißen lässt, tut es wieder. Du musst also raus aus der Beziehung. Schaffst du es nicht allein, kannst du dich als Frau an das Hilfetelefon wenden und als Mann an die Organisation Weißer Ring.