Niemand hat durchgehend ein starkes Interesse an Sex – das ist normal. Für eine vorübergehend geringe Libido gibt es zahlreiche verschiedene Gründe. Einige betreffen alle Menschen, manche sind frauenspezifisch und andere treten bei Männern auf. Letztere betrachten wir hier. Gründe für sexuelle Unlust bei der Frau nennen wir in einem anderen Beitrag.
Gemeinsam glücklicher
Sexuelle Unlust beim Mann ist nichts Ungewöhnliches
Rund 15 Prozent aller Männer haben zumindest für längere Zeiträume keine Lust auf Sex – das sind mehr als je zuvor. Teilweise liegt das sicherlich an der höheren Lebenserwartung und der sinkenden Libido bei älteren Männern. Vor allem ist die hohe Zahl wohl aber dem Umstand geschuldet, dass Männer inzwischen eher bereit sind, sich Hilfe zu suchen, sodass die hohe Dunkelziffer langsam sinkt.
Soll heißen: Auch früher hat es dieses Phänomen durchaus gegeben, allerdings war das nichts, worüber man sprach. Eine geringe Libido galt und gilt für manche immer noch als „unmännlich“. Es ist also ein schambesetztes Thema – natürlich zu Unrecht, denn zwischenzeitlicher Libidoverlust ist vollkommen normal.
Der Diplompsychologe und Psychotherapeut Professor Dr. Ludwig Schindler hilft bei der Einordnung: „Das Thema ‘Libidoverlust’ mag zwar für den Einzelnen mit Scham und Unsicherheit verbunden sein – ist aber ein ‘Massenphänomen’ und mittlerweile gründlich erforscht.“
Körperliche Ursachen für die sexuelle Unlust beim Mann
Verschiedene Krankheiten sowie Medikamente, die bei Männern und Frauen zu verringerter Lust führen können, nennen wir im Übersichtsbeitrag über Libidoverlust. Bei Männern ist ein zusätzlicher körperlicher Faktor der Testosteronmangel. Ab dem 40. Lebensjahr sinkt der Testosteronspiegel, das ist normal. Es gibt allerdings auch jüngere Männer, die einen niedrigen Testosteronspiegel haben, was sich unter anderem in einer geringen Libido und in Erektionsstörungen äußern kann. Weitere körperliche Ursachen für sexuelle Unlust sind urologische Erkrankungen oder Probleme wie etwa:
- Zysten an den Geschlechtsorganen
- Vorhautverengung (was zu Schmerzen beim Sex führt)
- Harnwegsinfektionen
- Prostataprobleme
Auch sexuell übertragbare Krankheiten können schmerzhafte und unangenehme Symptome mit sich bringen und dadurch die Libido schmälern.
In der Beziehung liegende Gründe für abnehmende Libido
Es ist normal, dass die Frequenz des Geschlechtsverkehrs im Laufe der Beziehung abnimmt. Das kann an bestimmten Phasen liegen wie etwa der Schwangerschaft bei der Frau, der Geburt und der ersten Zeit danach, aber auch an anderen Umständen, etwa an:
- Gewöhnung bzw. Langeweile, weil das Sexualleben in eingefahrenen Bahnen verläuft und auch die Bereitschaft nicht da ist, etwas Neues zu probieren
- fehlender körperlicher Anziehung
- unerfüllten sexuellen Wünschen
- Konflikten in der Partnerschaft
Ein häufiger Grund ist auch, dass die Beteiligten unterschiedlich ausgeprägte Ansprüche an das Sexualleben haben: Möchte die Partnerin oder der Partner deutlich mehr Sex, kann das den Druck auf einen Mann so erhöhen, dass ihm selbst die Lust gänzlich abhandenkommt: Geschlechtsverkehr wird nur noch als lästige Pflicht empfunden. Ist es umgekehrt, kann der Mann die häufige Zurückweisung als demütigend und frustrierend empfinden. Unter Umständen kann sich sein sexuelles Interesse auf andere Personen verlagern, wodurch die Beziehung gefährdet wird.
Psychische Probleme können zum Verlust der Libido führen
Wer gerade trauert oder niedergeschlagen ist, hat in den seltensten Fällen Lust auf Sex. Weitere mögliche psychische Gründe für einen Libidoverlust bei Männern sind etwa:
- Angststörungen oder Depressionen
- Sorgen oder Existenzängste, etwa wegen Problemen im Job oder wegen Arbeitslosigkeit
- Versagensängste als Begleiterscheinungen von vorzeitigem Samenerguss oder Erektionsstörungen
- Versagensängste aufgrund von Sexualmythen oder unrealistischen Vorstellungen bedingt durch Pornos oder andere Medien
Auch Stress ist ein Faktor, der dazu führen kann, dass Männer den Kopf für ein Schäferstündchen nicht freibekommen. Allerdings wiegt dieser nicht ganz so schwer wie bei Frauen, da Männer oft die Befriedigung durch Sex als entspannend empfinden und auch in stressigen Phasen durchschnittlich eher bereit dafür sind. Frauen finden hier öfter gar nicht den Ansatzpunkt für leidenschaftliche Momente.
Achtung: Das kann im individuellen Fall völlig anders aussehen! Manche Männer möchten bei Stress am liebsten völlig in Ruhe gelassen werden und manche Frauen nehmen sich bewusst die Auszeit für Zärtlichkeit, weil sie wissen, wie gut ihnen das tut.
Es muss nicht immer der Libidoverlust schuld sein
In manchen Fällen ist mit der Libido, also mit dem Lustempfinden an sich, alles in Ordnung. Dennoch vermeiden einige Männer intime Situationen aufgrund von Komplexen oder falschen Erwartungshaltungen: Sie finden sich zu dick oder zu dünn oder glauben, dass ihr Penis zu klein ist. Vor allem jüngere Männer, die selbst noch keine oder nur wenige sexuelle Erfahrungen gesammelt haben und für die Pornos eine reelle Referenz darstellen, sind oft eingeschüchtert: Sie befürchten, nicht „gut“ oder ausdauernd genug zu sein, auch wenn die Realität ganz anders aussieht.
Sexuelle Unlust muss kein Problem sein
Nicht jeder Mann muss etwas gegen eine geringe Libido tun: Beeinträchtigt sie dich und deine Partnerschaft nicht, ist alles in Ordnung. Wo kein Problem besteht, gibt es nichts zu therapieren, nur damit du vermeintlich „normal funktionierst“. Nur, wenn du unter dem Libidoverlust leidest, solltest du Hilfe suchen. Tipps und Hausmittel gegen sexuelle Unlust beim Mann findest du im Beitrag „Libido steigern beim Mann“.
