Empfindest du dich als dem Geschlecht zugehörig, das in der Geburtsurkunde für dich eingetragen wurde, bist du cisgender: Wurde „weiblich“ eingetragen und du fühlst dich wie eine Frau, bist du eine cis Frau. Wurde „männlich“ eingetragen und du fühlst dich als Mann, bist du ein cis Mann.
Aber warum das cis?
Kann ich nicht einfach sagen, dass ich eine Frau oder ein Mann bin? Klar kannst du das. Die Silbe cis wurde später hinzugefügt (genauer gesagt: 1995 durch den Sexualwissenschaftler Volkmar Siegusch), als trans* Personen mehr in den Fokus gerückt sind. Eine trans* Frau, deren Geschlecht bei der Geburt als „männlich“ eingetragen wurde, ist eine Frau. Ein trans* Mann, dessen Geschlecht bei der Geburt als „weiblich“ eingetragen wurde, ist ein Mann.
Darum ist ein Mann nicht das Gegenteil eines trans* Mannes und eine Frau nicht das Gegenteil einer trans* Frau. Der Wortteil cis zeigt an, dass bei dir das biologische und das soziale Geschlecht übereinstimmen. Das ist bei trans* Personen nicht der Fall. Cisgender und transgender sind also Gegenteile.
Gender erlebt eine Vervielfältigung
Manche Menschen sind verwirrt, wenn sie vorgeschlagen bekommen, sich als cisgender zu bezeichnen – das war bisher nie nötig? Nötig ist es auch jetzt nicht, aber Sprache schafft Wirklichkeit: Wer sich selbst als cis Frau oder als cis Mann bezeichnet, ruft den Zuhörenden ins Gedächtnis, dass es auch andere Geschlechtsidentitäten gibt.
In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder auch zu Missverständnissen zwischen den Generationen: Manche jüngeren Leute erklären, dass sie sich nicht als cis Frau oder cis Mann empfinden und beschreiben dann Differenzierungen, die Ältere teilweise gar nicht als Disqualifikation für die Zugehörigkeit zum Geschlecht betrachten würden.
Das liegt daran, dass das Selbstverständnis im Wandel ist. Es gab lange Zeiten, in denen trans* Personen sich verstecken und ihr wahres soziales Geschlecht verleugnen mussten. Das ist nicht mehr der Fall: Sie können benennen, was und wer sie sind. Das gilt auch für die zahlreichen Abstufungen zwischen cis und trans* Personen, etwa genderfluide und nicht-binäre Menschen.
Um all die neuen Möglichkeiten richtig einordnen zu können, war es nötig, dass das Ende des Spektrums, dem wahrscheinlich die Mehrheit der Menschen angehört, neu zu benennen: Wessen soziales Geschlecht mit dem biologischen übereinstimmt, die oder der ist cisgender. Bei diesem Begriff handelt es sich nicht um eine Beschimpfung, sondern um eine Beschreibung – so wie bei trans* auch. Diese Bestimmungen erlauben es, über verschiedene Geschlechtsidentitäten zu sprechen, ohne Wertungen dabei vornehmen zu müssen.